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Grundlegende Informationen zum Speicheltest

Seit nahezu einem Jahrhundert werden Hormone in verschiedenen Körperflüssigkeiten gemessen, um hilfreiche Aussagen zur Diagnostik von Krankheiten zu erhalten. Besonders seit den 1960er-Jahren hat es bei der Entwicklung von äußerst sensitiven Verfahren zur Messung kleinster Hormonkonzentrationen einen gewaltigen Aufschwung gegeben.

Wir beschränken uns hier auf die Darstellung der analytischen Verfahren zur Messung der Steroidhormone:

  • Cortisol, ein wichtiges Hormon für Stressfähigkeit und Tag-Nacht-Rhythmus
  • DHEA, ein wesentliches Hormon für unser Immunsystem
  • Estradiol (E2), (oder Östradiol), die stärkste Östrogenart (weiblich prägendes Hormon)
  • Estriol (E3), das wichtigste Schleimhauthormon
  • Progesteron, das Gelbkörperhormon, das körpereigene Gestagen
  • Testosteron, ein männlich prägendes Sexualhormon

Die Konzentrationen dieser Hormone sind im menschlichen Organismus sehr gering. Daher muss man an die Qualität der Bestimmungsmethoden sehr hohe Anforderungen stellen. Andernfalls ist mit unbrauchbaren Ergebnissen zu rechnen, die eher schaden als nützen und die auch volkswirtschaftlich nicht zu verantworten sind.

Unterschiedliche Verfahren in der Hormontestung

Zunächst ist festzuhalten, dass man Hormone aus vier verschiedenen Materialien bestimmen kann: Blutserum, Vollblut, Speichel und Urin. Jedes Testmaterial erfasst unterschiedliche Hormonbereiche. Daher sollte man auf keinen Fall Messergebnisse aus verschiedenem Material miteinander vergleichen. Beispiel: Testergebnisse aus Blutserum und Vollblut können sehr voneinander abweichen oder sogar gegenteilige Aussagen haben. Das gilt auch für den Vergleich von Blutserum- mit Speicheltest-Werten.

Um das zu verstehen muss man wissen, dass wir von jedem unserer Hormone zwei verschiedene Bereiche haben, die sog. „Freien Hormone“ und die „Gebundenen Hormone“. So gibt es z.B. Freies Testosteron und Gebundenes Testosteron. Ganz genauso gilt das für alle anderen Hormonarten von Menschen und Wirbeltieren. Die bei weitem größte Anzahl aller Hormone (95-98% egal welcher Art) ist im Blut an verschiedene Bindungsproteine (Protein = Eiweiß) gebunden, z.B. an SHBG, DBG und Albumin. Das sind die sog. „Gebundenen Hormone“. Die sog. Freien Hormone (nur 2-5% der Gesamthormone) sind unvorstellbar winzig. Das ändert sich, sobald ein Hormon von einem vergleichweise sehr großen Eiweißmolekül „geangelt“ und an sich gebunden wird.

Bedeutung der „Freien Hormone“

Nur die Freien Hormone sind in der Lage, in das Innere der Zelle zu gelangen. Ein Hormonmolekül muss dazu über einen ganz speziellen Rezeptor durch die Zellwand hindurch. Jedes Hormon hat eigene Rezeptoren in den meisten Körperzellen. Die spezifische Botschaft oder Wirkung eines Hormons wird einzig und allein im Inneren einer Zelle „gehört“ und umgesetzt. Sobald ein Hormon an einen vergleichsweise riesigen Protein-Rucksack „geschnallt“ ist, steht das Hormon nicht mehr für die Arbeit in einer Zelle zur Verfügung. Durch die Proteinbindung passt das Hormonmolekül nicht mehr durch die winzige Rezeptoröffnung in der Zellwand. Deshalb sind die ca. 95-98% Gebundenen Hormone unter normalen Umständen nicht aktiv. Nur die restlichen 2-5% der jeweiligen Hormonart dürfen ihre Hormonbotschaft in die Zellen schleusen.

Wenn wir wissen möchten, wie viele aktive, Freie Hormone derzeit vorhanden sind, dann sollte man alleine diese messen. Das kann man nur im Speichel oder im Vollblut. Die weitaus häufigste Messung ist aber die Messung aus dem Serum. In Serum-Messwerten wird nicht zwischen den beiden Hormonbereichen differenziert.

Bedeutung der 95-98% Gebundenen Hormone

Da Hormone einen großen Einfluss auf fast alle Zellen haben, müssen sie für den Körper gut regulierbar sein. Daher sind wir so geschaffen, dass wir eine relativ große Hormonreserve im Blut haben. Das sind die an Eiweiß gebundenen Hormone. Wenn die Nahrung knapp ist oder gänzlich fehlt, haben Gebundene Hormone eine wichtige Aufgabe. In gravierenden Notzeiten kann der Körper auf diese Reserve zurückgreifen. Das ist ähnlich wie mit der Fettreserve. Als Notzeit versteht der Körper z. B. eine lange Fastenkur, Hungerphasen aus anderen Gründen, Magersucht, Koma oder langer Durchfall. Ohne Hormonreserve würden wir nur wenige Tage überleben.

Beispiel mit dem Hormon Testosteron

In unserem Blut befindet sich 95-98% Gebundenes Testosteron und 2-5% Freies Testosteron. Ist jemand von häufigem Durchfall oder Magersucht betroffen, dann wäre die Abfrage der Gesamtmenge aller vorhandenen Testosteron-Hormone, also der gebundenen und der freien Hormone zusammen, eine mögliche Testvariation. Das wäre über eine Messung im Blutserum möglich. Es wäre keine Überraschung, wenn der Gesamtwert von Testosteron in diesem Fall sehr niedrig ist. Diese Patienten nehmen wenig Proteine über Nahrung und Darm auf und damit steht wenig Bindungsmaterial zur Verfügung. Wenige Proteine im Blut bedeuten meistens auch weniger Gebundene Hormone, also in unserem Fall wenig Testosteron. Das heißt nicht immer, dass auch wenig freies Testosteron vorhanden ist. Da die freien Hormone nur ein verschwindend kleiner Teil der Gesamthormone sind (2-5%), wird das in einer Messung aus Blutserum wenig sichtbar. Der Hauptanteil der Hormonmessung im Serum sind die bis zu 98% gebundenen Hormone.

Testung aus Blutserum

Das Blutserum ist der wässrige Teil des Blutes, der sich nach dem Zentrifugieren im Glasgefäß als gelbliche, durchsichtige Flüssigkeit absetzt. In dieser klaren Flüssigkeit sind alle Hormone nachweisbar, die wir kennen – jeweils die 95-98% inaktiven Gebundenen Hormone und 2-5% aktiven Freien Hormone. Dieses Messverfahren wird in der ärztlichen und klinischen Praxis bevorzugt, denn es setzt immer einen Praxisbesuch oder Klinikaufenthalt voraus. Messungen aus dem Blutserum sind interessant bei

  • abgemagerten, schlecht ernährten Menschen jeden Alters (in Katastrophengebieten, bei Senioren oder vernachlässigten Kinder)
  • strikten Veganern oder Vegetariern
  • chronischen Durchfall-Patienten
  • Menschen mit Essstörungen

Ein Nachteil von Blutserum-Hormonwerten: Die Referenzwerte haben eine so große Spanne, dass sie therapeutisch nur in Extremen relevant sind.

Im Blutserum sind äußerliche Hormonanwendungen (Pflaster, Creme, Gel, Zäpfchen) nur bei extremer Überdosierung nachweisbar. Daher eignet sich dieses Messverfahren nicht bei Hormonanwendungen oder für die Überprüfung von Hautpflegeprodukten. Aber genau auf diesem Weg werden bei Zulassungsverfahren von Hormonmedikamenten die Wirkung und empfohlene Dosierungen überprüft – sozusagen mit einem dafür ungeeigneten „Messinstrument“! Das erklärt die hohen Dosierungsangaben solcher „natürlichen“ Hormonmedikamente.

Hormonderivate, also synthetisch veränderte Hormonarten, sind mit keinem Testverfahren zu überprüfen.

Testung aus Vollblut

Diese Testvariante wird am häufigsten bei Diabetes Typ 1 für die Insulinbestimmung angewendet. Freies Thyroxin (T4) und Freies Trijodthyronin (FT3) sind heutige Standardmessungen – nach Empfehlung des Deutschen Ärzteverbandes. Die Moleküle von Schilddrüsenhormonen sind sehr viel größer (als die der Steroide). Das erleichtert ihre Messung im Blut. Im Speichel sind normalerweise keine Freien Schilddrüsenhormone vorhanden.

Deutlich seltener werden die Freien Steroidhormone im Vollblut ermittelt. Das Testverfahren aus Vollblut ist für die Messungen einer Klinik geeignet, weil dort in der ersten Stunde nach dem Aufwachen ein Arzt zur Verfügung steht, der über eine gelegte Kanüle mehrere Blutentnahmen ermöglichen kann. Bei den meisten Steroiden ist eine mehrfache Blutentnahme wichtig, um aussagekräftige Messwerte zu erhalten.

Bei Plasma wird bei der Blutabnahme ein Gerinnungshemmer hinzugefügt und die Blutkörper im Anschluss abgetrennt. Plasma enthält deshalb noch sämtliche Gerinnungsstoffe.

Testung aus Speichel (Saliva)

In der Speichelflüssigkeit sind nur Freie Hormone zu finden, weil die Gebundenen Hormone zu groß sind, um durch die Zellwand der Speicheldrüsen hindurchdringen zu können. In festgelegten Zeitintervallen werden mehrere Proben gesammelt, aus denen eine aussagekräftige Durchschnittsmessung ermittelt werden kann. Dieser Punkt ist bei Hormonmessungen sehr wichtig. Einmalige Probenentnahmen sind nach den Worten von Dr. Ziemann wie „Hausnummern“, die therapeutisch unbrauchbar sind. Sie machen nur bei speziellen Hormonabfragen Sinn.

Hormonmessungen aus Speichelproben haben den Vorteil, dass man dafür nicht in eine Praxis gehen muss. Besonders interessant ist, dass man über Speichelproben sehr gut Hormonstudien gestalten kann. Genauso faszinierend ist die Beobachtung, wie schnell der Körper (besonders über die Haut) Hormone aufnimmt und weiterverarbeitet. Dies ist für die Kontrolle von verordneter Hormonmedikation sehr hilfreich. Wir haben auf diesem Weg viele Hormoneffekte von Nahrungs- und Pflegemitteln entdeckt, die man gut in eine Therapie einbauen könnte.

Die Anleitung für eine sinnvolle Testgestaltung haben wir über lange Jahre Praxis immer mehr verfeinert – mit dem Ziel, dem Test eine möglichst therapeutisch relevante Aussage zu entlocken. Das hat für Kunden und ihre begleitenden Fachkräften gleichermaßen Bedeutung und öffnet viele Türen für völlig neue Erkenntnisse der Hormonwissenschaft.

Testung aus Morgenurin

Einige Hormonbereiche könnten theoretisch auch im Morgenurin oder 24 Stunden-Sammelurin ermittelt werden. Diese Methode hat sich aber für Hormonmessungen wenig bewährt. Eines der großen Probleme ist die Vergleichbarkeit (Zielwerte), denn jeder Mensch ernährt sich verschieden, was beim Sammelurin sehr relevant ist. Was die Leber mit Hormonüberschüssen macht ist ebenfalls eine weitere, variable Unbekannte. Die typische Folge bei solchen Messverfahren sind große Vergleichsspannen, die therapeutisch wenig Orientierung geben.

Genauigkeit von Messungen

Um eine zuverlässige Bestimmung von Steroidhormonen durchführen zu können, werden Analyseverfahren benötigt, mit denen man sicher im Pikogramm-Bereich und noch darunter messen kann. Die üblichen Konzentrationsbezeichnungen werden nachstehend kurz erläutert:

  • 1 Gramm = 1000 Milligramm (mg)
  • 1 Milligramm = 1000 Mikrogramm (µg)
  • 1 Mikrogramm = 1000 Nanogramm (ng)
  • 1 Nanogramm = 1000 Pikogramm (pg)
  • 1 Gramm = 1000.000.000.000 pg

oder anders herum ausgedrückt: 1 pg = 0,000 000 000 001 g

Dies ist eine nahezu unvorstellbar geringe Konzentration, welche das nachfolgende Beispiel veranschaulicht:

Man stelle sich eine Tasse Kaffee mit einem darin aufgelösten Zuckerstück vor. Die ausgetrunkene Tasse spült man in einem Schwimmbecken von olympischen Ausmaßen aus (ca. 2500 Kubikmeter Wasser). Nach intensivem Umrühren des Wassers im Becken entnimmt man an einer beliebigen Stelle einen einzigen Wassertropfen und misst darin den Zuckergehalt in Picogramm. Ein solcher Nachweis ist auch dann noch möglich, wenn man zusätzlich kiloweise andere durchaus ähnliche chemische Stoffe in das Schwimmbecken kippt. Der verwendete Speichelhormontest hat eine sehr hohe Spezifität und eine schwer vorstellbare Testsensitivität.

Dieses Beispiel soll ein Bild der heutigen analytischen Möglichkeiten eines modernen, medizinischen Labors vermitteln. Bei der Probenentnahme sind durch diese niedrigen Hormonkonzentrationen einige Vorsichtsmaßnahmen erforderlich, ohne die ein zuverlässiges Ergebnis nicht möglich ist.

Vergleichbarkeit von Messwerten aus Blutproben und Speichel

Die Hormonkonzentration im Speichel ist deutlich geringer als im Vollblut (um ca. 10 bis 100 fach niedriger). Dieser Unterschied ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Da im Blutserum eine andere Hormonabfrage erzielt wird als im Speichel, ist es grundsätzlich nicht sinnvoll, von der Messung im Blutserum, einen diagnostischen Rückschluss auf die Konzentration der freien Hormone im Speichel oder Vollblut zu ziehen. Da nur wenige Fachkräfte diese Details kennen, werden immer wieder Zweifel am Speichelhormontest geäußert.

Verschiedene Strategien für Hormonabfragen

Der dynamische Hormontest (mehrere einzelne Messung in kurzen Zeitintervallen) bietet sich an für:

  • Hormonverlauf nach speziellen Nahrungsmitteln, Hautpflege, Medikamenteinnahmen oder Anwendungen
  • Dominoeffekt hoher Hormonanwendungen auf andere Hormonbereiche
  • Hormonverläufe während und nach dem Sport
  • Zyklusverläufe bei Menstruationsbeschwerden oder (unerfülltem) Kinderwunsch
  • Schwangerschaftsverlauf
  • Abfrage von Tages- und Nachtrhythmik

Die Ermittlung einer durchschnittlichen Hormonkonzentration (mit mehreren Proben alle 15-20 Minuten – wie z.B. in den ersten beiden Stunden nach dem Aufwachen) bietet sich an für:

  • Anwendungskontrollen von Hormonmedikamenten nach 12 oder 24 Stunden
  • altersgemäßer Hormonstatus unter festgelegten Bedingungen
  • zyklusspezifische Werte bei Frauen

Sammelproben über den ganzen Tag hinweg haben sich in der Praxis nicht bewährt, denn dafür gibt es keine realistischen Vergleichswerte.

Einflüsse die das Testergebnis verändern können:

Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Konzentration eines Steroidhormons kein statischer Wert ist, sondern einer charakteristischen, zeitlichen Dynamik folgt. Das erfordert eine sehr durchdachte Strategie für die Speichelentnahmen. Viele Zusammenhänge sind dafür zu beachten. Die Hormonkonzentration ist von folgenden Faktoren beeinflussbar:

  • Tag-Nacht-Rhythmus
  • Jahreszeiten (Sonne, Temperatur)
  • Alter, Genetik
  • Geschlecht
  • psychische und physische Anforderungen (Stress, Bewegungsmangel, Krankheiten)
  • Ernährung /Nährstoffversorgung
  • Darm- und Leberfunktion
  • Schichtarbeit (z.B. Dauernachtwache, Wechselschicht, Flugpersonal für Langstrecken)
  • Umwelteinflüsse u.a.

Es ist also wichtig, zu welcher Zeit die Probenentnahme erfolgt. Sie sollte daher immer zum gleichen Zeitpunkt am Tag oder Zyklusintervall erfolgen, wenn eine Vergleichbarkeit gewünscht ist.

Haltbarkeit der Speichelprobe

Von Blutproben wissen wir, dass diese relativ instabil sind. Sie müssen daher immer kühl aufbewahrt und schnell ins Labor gebracht werden. Speichelproben für die Bestimmung der Steroidhormone sind dagegen gut haltbar. Sie können gut zwei Wochen bei normaler Raumtemperatur aufbewahrt werden, auch bei sommerlichen Temperaturen (ohne Kühlung) ist der Versand mit der Post problemlos möglich. Bei Probeneinsendungen an sehr heißen Sommertagen empfehlen wir die Sendung sicherheitshalber direkt in der Postfiliale abzugeben, da manche freistehende Briefkästen durch Sonneneinstrahlung extremen Temperaturen ausgesetzt sein können.

Möchten Sie mehrere Proben z.B. einer Messreihe zusammen verschicken, dann ist eine Zwischenlagerung im Gefrierschrank vorteilhaft. Im Tiefkühlschrank aufbewahrt sind Speichelproben nahezu unbegrenzt haltbar und wiederholt messbar.

Anwendungsbereiche des Speicheltests

Um die Auswahl sinnvoller Testkombinationen zu erleichtern, sind unsere Angebote in Testpakete und einzelne Hormontests eingeteilt. Die Testpakete wurden durch unser medizinisches Fachpersonal nach Themenblöcken sortiert zusammengestellt.
Der Speicheltest kann bei Männern, Frauen, Kindern jeden Alters angewendet werden.

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